Interview der Woche
Völkerrechtler Goldmann: "Deutschland muss beim Völkerrecht glaubwürdig bleiben"

Der Völkerrechtler Matthias Goldmann sieht im Umgang mit dem Vorgehen Israels im Gazastreifen Anzeichen für einen Wandel in der deutschen Außenpolitik. Goldmann sagte im Interview der Woche des Deutschlandfunks, er erkenne eine Abkehr von der bisherigen bedingungslosen Staatsräson.

    Prof. Matthias Goldmann bei einer Pressekonferenz, bei der sie zusammen mit anderen Wissenschaftlern Kritik an der Antis
    Prof. Matthias Goldmann ist Professor an der EBS Universität und kritisiert das Vorgehen der israelischen Armee im Gazastreifen (IMAGO / Klaus Martin Höfer)
    Nach den jüngsten kritischen Äußerungen von Bundeskanzler Merz zur israelischen Kriegsführung sei der Grundkonflikt zwischen Staatsräson und Völkerrecht jedoch noch nicht entschieden. Nach wie vor bestehe Anlass zur Sorge, so der Professor für Internationales Recht an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht. So wäre es ein "fatales Signal", wenn weiterhin Zweifel daran geltend gemacht würden, dass der gegen den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu bestehende Haftbefehl gegebenenfalls in Deutschland vollstreckt würde.

    Waffenlieferungen nicht mit Völkerrecht vereinbar

    Die Waffenlieferungen an Israel seien kaum noch mit dem Völkerrecht vereinbar, ergänzte Goldmann. Die bereitgestellten Waffen würden auch in völkerrechtswidrigen Einsätzen verwendet, etwa in Syrien. Dort führe Israel einen illegalen Angriffskrieg und besetze „völlig unter Verletzung des Völkerrechts“ syrisches Territorium. Der Jurist sprach sich dafür aus, auch mit Sanktionen auf israelische Völkerrechtsverstöße zu reagieren. Er meinte, mit Blick auf Sanktionen gegen andere Staaten stelle sich die Frage: "Wie inkonsequent kann man eigentlich sein, ohne dass es peinlich wird?"

    Widerstandsrecht von Palästinensern innerhalb besetzter Gebiete

    Goldmann erklärte, dass die Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 "definitiv rechtswidrig" gewesen seien. Es gebe kein Widerstandsrecht der Palästinenser, das Angriffe auf die israelische Zivilbevölkerung legitimiere. Etwas anderes aber sei es, wenn sich Palästinenser auf von Israel besetztem Gebiet gegen die Besatzung zu Wehr setzten. Das gelte zum Beispiel für Steinwürfe gegen israelische Soldaten. Dies falle unter das Widerstandsrecht – aber "auch gewaltsame Aktionen wären davon wahrscheinlich umfasst." Es dürften aber in keinem Fall Zivilisten geschädigt werden. Diese seien unter allen Umständen geschützt.
    Das ganze Interview der Woche mit Matthias Goldmann können Sie hier nachlesen. Sie hören das Gespräch am Sonntag um 11.05 Uhr im Deutschlandfunk, das Audio ist schon jetzt online abrufbar.
    Diese Nachricht wurde am 31.05.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.